In die facettenreiche Welt des Sauvignon blanc entführte Dieter Kiessling
die Gäste und Mitglieder der Weinbruderschaft Heilbronn e.V. in seiner
Verkostung am 28.04.2017. Sauvignon blanc, in Frankreich als Cépage noble –
eine der edelsten Rebsorten der Welt – schon lange anerkannt, fand ihren Weg
nach Baden bereits 1830, wo sie als Direktimport von Château Yquem auf Schloß
Grohl weiterhin Hof hielt, bevor das Naziregime sie als nicht-arisch ausrotten
ließ. Selbst das Weinbaugesetz von 1971 hob das Verbot nicht auf und so hatte
der erste Winzer, der Sauvignon blanc wieder anbaute, das Weingut Wolf in
Flein, viele Streitereien mit Behörden durchzustehen, bis 1985 mit dem Anbau
begonnen werden konnte. Zweiter Winzer, der sich für diese Rebsorte, einer
Kreuzung aus Traminer und Chenin blanc interessierte, war Gert Aldinger aus dem
Remstal.
Als „Ankerreizwein“ für die Bewertung der Folgeweine gab es einen 2015er
vom Weingut di Leonardo, aus dem Friaul, der mit schönem Duft nach
Stachelbeeren und feinem Geschmack einen guten Einstieg in die Sauvignon blanc
Probe darstellte. So „geerdet“ war auch die Kritikfähigkeit geschärft, die sich
an den beiden Folgeweinen gleich niederschlug. Der 2015er Wein der WG Foncalieu
aus Südfrankreich, einem sehr großen Betrieb, hatte mit verhaltenem Duft sehr
wenig Intensität und der südafrikanische 2016er Sauvignon blanc des Weinguts
Buitenverwachting enttäuschte mit Unreifetönen verschiedenster Ausprägung.
Sauvignon blanc, so Kiessling ist ein Wein, der heiße Tage und kalte Nächte
sowie Kalkböden liebt und eine dicke Beerenhaut hat. So erklärt sich auch, dass
in Deutschland nur 850 ha, in Frankreich 28.000 ha und weltweitüber 100.000 ha
davon angebaut werden. Rueda ist das Weißweinanbaugebiet Spaniens und Sauvignon
blanc wird dort großflächig angebaut. Der 2015er des Weinguts Alvarez Diez ist
subtil und zeigt eine leichte, feine Würze. Eine weitere Hochburg des Sauvignon
blanc ist das Friaul, von wo uns der voluminösere 2015er des Weinguts Branko
mit cremigen, buttrigen Aromen umschmeichelte.
Können auch die Deutschen Sauvignon blanc? Davon überzeugte uns der 2015er
des Weinguts Ellwanger, einem der schönsten Sauvignon blancs Deutschlands,
sortentypisch, filigran und – für Schwaben wichtig – mit tollem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Dem stand jedoch der 2015er Sauvignon blanc des Weinguts Gueneau, aus Sancerre,
dem Geburtsort und Herzstück dieser Rebsorte in nichts nach. Eleganz, feine
Struktur und reine Sortentypizität zeichnen diesen Wein aus. Dazu hatte uns
Gerlinde Kiessling ein Schmankerl von dort vorbereitet: Crottin de Chavignol,
Ziegenkäse in zwei verschiedenen Reifestufen vom Nachbarort von Sancerre –
leben wie Gott in Frankreich!
Auch in der neuen Weinwelt ist bereits die Erkenntnis gereift, was der
weltweiten Nachfrage gerecht wird, doch der 2015er Sauvignon blanc des Weinguts
Arboleda wirkt mit intensiven grünen Paprikaaromen künstlich und unharmonisch.
Wenn man dann, wie das Weingut Thörle in Rheinhessen einen solchen Hype
vermarkten möchte, diesen Wein auf Lößlehm anbaut, 3 Monate auf der Hefe lässt
und für den 2015er einen entsprechenden Preis dafür verlangt, ist das
marketingtechnisch ein Erfolg, doch geschmacklich nicht unbedingt eine
Offenbarung. Bewährte Klassiker dieser Rebsorte liefert Neuseeland und so
überzeugte der 2015er Sauvignon blanc des Weinguts Cloudy Bay mit reifen Aromen
exotischer Fruchte, Mineralik und Frische und stellte für viele den idealen
Sauvignon blanc dar. Auf Dolomitgestein in 800 m Höhe gedeiht der Sauvignon
blanc des Weinguts Franz Haas, dessen 2015er unerwartete grüne Aromen aufwies,
deren Einordnung doch so manchen vor ein Rätsel stellte. Nicht fehlen in dieser
internationelen Galerie darf natürlich die Südsteiermark, wo im Weingut Tement
einer der besten Sauvignon blancs produziert wird. Der 2014er lagerte 18 Monate
auf der Hefe und gilt als einer der besten Sauvignon blancs, dessen florale
Noten Nase und Gaumen umschmeicheln. Krönender Abschluss aus Frankreich war der
2012er Château Baron de Ladoucette, der auf Feuersteinboden wächst, nur in den
besten Jahren erzeugt und zu 100 % im Holzfass ausgebaut wird. Finessenreiche
Aromen, tiefe Frucht, Dichte und Eleganz zeugen von einem großen Wein.
Ganz herzlichen Dank an Dieter Kiessling für die tolle Auswahl und
professionelle Präsentationder Weine, Gerlinde Kiessling für die Vorbereitung
der Schmankerl, Herbert Kern für die Brotauswahl, Wolfgang Heinrich fürs
Temperieren der Weine und Einschenken sowie an Thomas Drachler fürs
Einschenken.
Regina Brendle, April 2017
|