„Terroir erleben und schmecken“,
unter dieses Motto konnte die Weinbruderschaft Heilbronn e.V. den Abend des
12.05.2017 stellen, an dem die Weingeschwister mit einer Weinbergsbegehung der
VHS Heilbronn unter der Leitung von Dr. Rupp (LVWO) die Heilbronner Gemarkung
erkundeten und in der anschließenden Verkostung die Charakteristika deutscher
und elsässischer Rieslinge zu erschmecken versuchten.
Pünktlich um 17:00 Uhr traf man sich
am Jägerhausparkplatz, um von dort aus Richtung Jägerhausrandweg zu wandern und
auf die Reblandschaft zu blicken. Der Boden, so Dr. Rupp, ernährt die Rebe und
begleitet den Rebstock, die Weinlandschaft ist jedoch immer vom Mensch gemacht.
Am Eingang des Steinbruchs lernten wir eine Schlüsselstelle der Heilbronner
Geologie kennen, Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper sind unterschiedlich
ausgeprägt und wir erfuhren, dass in Heilbronn der Keuper 75% des Bodens
ausmacht und der wiederum als Schilfsandstein oder Gipskeuper vorkommen kann. Am
Heilbronner Keuperweg erkannten wir dann die unmittelbare Auswirkung der
Gesteinsschichten auf die Vegetation und Dr. Rupp wies uns auf die Körnung
unterschiedlicher Bodenarten hin. Verschiedenste Terroireinflüsse sind für die
Rebe prägend: Wasserhaushalt, Humus, Mineralien, Stickstoff, der auch die
Gärung beeinflusst, aber auch Sonne, Wasserhaushalt und die Höhenlage. Terroir
ist aber auch immer das Zusammenspiel von Boden, Geologie und Relief, Klima und
Witterung. In Kenntnis dieser Faktoren hat man jedoch die Arbeit des Menschen
im Keller noch nicht berücksichtigt und genießt mit viel mehr Bewusstsein und
Verstand einen guten Wein aus heimischen Weinbergen.
Beim zweiten Teil des Abends ging es
darum, elsässische und deutsche Rieslinge in Rateteams zu erkennen. Doch zuvor
hatte Regina Brendle noch ein Schmankerl zu bieten: Es galt, ein unbekanntes,
noch leicht moussierendes Getränk zu erraten, das sich nach langer Diskussion als
Rarität, nämlich als 30 Jahre alter Sekt der Weinkellerei Duprès, der
nördlichsten Sektkellerei Deutschlands, entpuppte und dafür noch erstaunlich
frisch wirkte.
Doch nun in medias res. Die Weine der
Nachbarländer wurden immer paarweise verkostet und die Teams mussten sich
festlegen, wer rechtsrheinischen und wer linksrheinischen Ursprungs war. Die
deutschen Rieslinge besorgte und besprach Bruderschaftsmeister Karl-Ernst
Schmitt, die elsässischen Kellermeister Wolfgang Heinrich
Als würzig-mineralisch und geprägt
vom Devonschiefer präsentiert sich der 2013er Bremmer Calmund Riesling trocken
des Weinguts Franzen, der auf einem „mons calidus“ einem warmen Berg mit Resten
einer römischen Tempelanlage gewachsen war. Um die elsässischen Weine zu
verstehen, muss man auch die geschichtliche Entwicklung kennen, so Wolfgang Heinrich.
In deren Blütezeit im 16. Jahrhundert wurden dort die kostbarsten Weine Europas
gekeltert, heute umfasst die elsässische Weinstraße 15.600 ha Rebfläche mit 50
Grand Cru Lagen. Eine Kostbarkeit ist der 2014er Riesling Grand Cru Zotzenberg
der Domaine Armand Gilg, Mittelbergheim, einer Familie, die seit 16
Generationen dort im Weinbau tätig ist und der die Medaille d‘ Argent im
Wettbewerb Riesling du Monde 2016 gewonnen hat. Strukturiert mit langem Abgang und
Aromatik von Südfrüchten wuchs er auf Ton und Kalk.
Ein „Einsteigerriesling“ ist der
unkomplizierte 2015er QbA Riesling trocken von der Familie Leitz in Deidesheim,
die dort in allerbesten Lagen ihre Weine anbaut. Demgegenüber stand der 2011er Riesling
Grand Cru Praelatenberg der Familie Engel Frères in Orschwihr, der mit reifer,
sauberer Brillanz, Lakritzaromen, Mineralität und diskreter Säure seine
Komplexität beweist.
Zitrusnoten und leichte Duftigkeit
prägen den lange auf der Hefe gelagerten 2015erRiesling QbA trocken des
Weinguts Dreissigacker, der auf Kalk, Mergel, Ton und Löß wuchs und sehr frisch
wirkt. Fast ohne Frucht, dagegen mit purer Mineralik aber nicht weniger
interessant am Gaumen präsentiert sich der 2011er Riesling Grand Cru
Schoenenburg der Familie Mittnacht-Klack.
Das Weingut Bischel ist im Gault
Millau mit 3 Trauben erwähnt und dessen 2015er Riesling QbA trocken vom
tertiären Mergel ist saftig, mineralisch und mit leichtem Säurespiel. Völlig
anders dagegen der 2010er Riesling Grand Cru Schlossberg des Weinguts Jund, das
sich mitten in Colmar befindet. Dieser auf Granitverwitterung gewachsene Wein
ist außergewöhnlich und sticht durch seine aromatische Komplexität, die von
Quitten- bis Salzaromen reicht, aus allen hervor.
Wie untypisch sich heimische
Rieslinge in Unkenntnis des Etiketts präsentieren können, bewies der 2015
Riesling V trocken Heilbronner Stiftsberg vom Weingut Kistenmacher-Hengerer: fein
strukturiert, und zarte Nuancen von Bitterorangen verraten nicht unbedingt dessen
Unterländer Herkunft. Ähnliche Exotik, nur etwas dichter und konzentrierter
charakterisiert auch den 2011er Riesling Grand Cru Kaefferkopf der Familie
Sick-Dreyer, dessen Ertrag bei 38-40 hl/ha liegt. Der Kaefferkopf ist seit 1932
AO-Lage im Elsass und wurde in Folge Grand Cru Lage.
Der Protagonist des schwäbischen
Rieslings, der 2015er Riesling trocken „Emotion“ der WG Cleebronn-Güglingen
wurde unschwer erkannt: reif, hochwertig, z.T. im gebrauchten Barrique, sicher
einer der besten den man hierzulande kaufen kann. Demgegenüber stand ein Steillagenprodukt
der besonderen Art: einzige elsässische Lage auf Vulkanverwitterung,
eigenartige Geologie, da 70% dunkles Gestein: die berühmteste und südlichste
Grand Cru-Lage des Elsass, der Rangen umfasst 22 ha und die Güte der Weine wurde
schon im 13. Jh. urkundlich erwähnt. Die Familie Hartmann in Orschwihr hat einen
Weinberg dort und wir verkosteten eine Rarität: den 2005er Riesling Grand Cru
Rangen von Château d’Orschwihr. Grosse Finesse und Eleganz, deutlich reife Nase
und eine Aromatik von Honig und weißem Trockenobst zeichnen diesen Riesling,
dessen Lagerfähigkeit mit 25 Jahre angegeben wird, als großen Riesling aus. Und
noch eine Besonderheit: nur wer im Elsass wirklich Schlossbesitzer ist, darf
seine Domaine auch „Château“ nennen.
Der Abend ging mit interessanten
Diskussionen, neuen Erkenntnissen und viel Spaß zu Ende. Wir waren uns einig,
dass dieser gerne Wiederholung finden kann und fühlten uns nun fast als „Rieslingversteher“.
Herzlichen Dank Karl-Ernst Schmitt für die Besorgung und Besprechung der
deutschen, an Wolfgang Heinrich für die Besorgung und Besprechung der
elsässischen Rieslinge sowie fürs Präparieren der verhüllten Flaschen und das
Temperieren des Weines sowie an Stefan Kurz und Thomas Drachler fürs
Einschenken.
Regina Brendle, Mai 2017
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